Coronavirus und Verträge
Stand 25.03.2020
1. Pauschalurlaub / Flugreisen / Hotelbuchung
a. Die Beschäftigung mit Urlaubsreisen beginnt bereits ab deren Beantragung bei dem Arbeitgeber. Sollte der Arbeitnehmer in der Zeit des ihm gewährten Urlaubs arbeitsunfähig werden, wird die durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nachzuweisende Krankzeit dem Arbeitnehmer ersetzt, ohne dass dessen Urlaub verfällt. Für diesen Zeitraum ist der Arbeitgeber obendrein zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Den nicht genommenen Urlaub kann der Arbeitnehmer überdies zu einer beliebig anderen Zeit neu beantragen.
Sollte ein Arbeitnehmer beantragten und gewährten Urlaub aber wegen anderer Umstände, beispielsweise aufgrund des aktuell grassierenden Coronavirus doch nicht nehmen wollen, ist der Arbeitgeber berechtigt, auf die Einhaltung der gewährten Urlaubszeit zu bestehen.
Bei aktuellen Reiseplanungen ist derzeit Zurückhaltung geboten, da bereits drastische Einschränkungen im nationalen und internationalen Luft- und Reiseverkehr umgesetzt werden. Reisende haben mitunter Probleme, wieder nach Deutschland zurückzukehren und/oder befinden sich auf Schiffen oder in Hotels in Quarantäne. Dieser Personenkreis wird je nach Vertragslage, sofern nicht eine vorangegangene Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ergangen ist, entschädigungsberechtigt sein. Sogar der Reiseverkehr innerhalb Deutschlands ist im Übrigen schon massiv eingeschränkt. Urlaubswillige sollten daher nicht voreilig handeln, sich insbesondere vorzeitig kundig machen, ob es Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes für ausgewählte Urlaubsziele gibt oder dort Einreisebeschränkungen bestehen.
b. Allgemein gilt, dass Pauschalurlauber rechtlich besser geschützt sind als Individualurlauber, da diese in ihren Reiseveranstaltern jeweils konkrete Ansprechpartner haben. Hat ein Pauschalurlauber seine Reise bereits angezahlt oder voll bezahlt, wird der entsprechende Geldbetrag zurückgezahlt, wenn die Reise vom Veranstalter abgesagt wird oder nicht stattfindet. Gleiches gilt, wenn eine Fluggesellschaft einen Flug ersatzlos streicht. Dem Urlauber wird dann der Ticketpreis erstattet. Anstelle der Kostenerstattung werden mitunter Umbuchungen auf einen späteren Termin oder Gutscheine angeboten, die der Kunde aber nicht akzeptieren muss. In vorstehender Konstellation wird allerdings kein Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden gezahlt.
Personen, die eine Pauschalreise gebucht haben, sich aber vor Reiseantritt bereits in laufender Quarantäne befinden, können ihre Reise nicht kostenfrei stornieren. Insoweit käme allenfalls die Inanspruchnahme einer Reiserücktrittsversicherung in Betracht, sofern eine solche besteht.
Probleme ergeben sich auch daraus, wenn Sie wegen einer am Urlaubsort verfügten Quarantäne Ihren individuell gebuchten Rückflug verpassen würden, da Sie dann Ihren Flug selbst umbuchen und den neuen Flug selbst bezahlen müssen. Bei einer Pauschalreise dürften Sie innerhalb der vereinbarten Reisezeit aber einen Anspruch auf Rücktransport gegen den Reiseveranstalter haben. Nach der Beendigung der vereinbarten Reisezeit dürften diese Mehrkosten allerdings auch von dem jeweiligen Reisenden zu tragen sein.
c. Bei gebuchten Flügen gilt, dass es keine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung gibt, wenn die Airline 14 Tage vor Abreise oder noch früher über die Änderung der Flugzeit oder des Datums informiert. Wird dagegen der Abflug aus betriebswirtschaftlichen Gründen weniger als zwei Wochen vor dem Abflug annulliert, steht dem Reisenden eine Entschädigung zu.
Sollte ein Urlauber entgegen einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ins Ausland reisen, kann dies erhebliche finanzielle Verluste nach sich ziehen, da dem Reisenden, der in anderem Sinn ggf. auch Arbeitnehmer oder Selbstständiger sein könnte, insoweit ein Verschulden trifft, wenn er nicht rechtzeitig aus dem Urlaub wieder nach Hause kommt.
d. Bei Hotelbuchungen verhält es sich so, dass geschlossene Mietverträge (Nutzung der Räume gegen Bezahlung) ohne Bestehen einer Stornovereinbarung auch entrichtet werden müssen, wenn der Gast nicht anreist, das Hotel aber geöffnet hat und nicht unter Quarantäne steht. Sollten bereits gebuchte Hotels aufgrund behördlicher Maßnahmen geschlossen worden sein, entfällt die Bezahlpflicht, weil Ihnen als Gast dann die angebotene Nutzung nicht gewährt wird. Überdies haben Sie je nach Fallgestaltung sogar Anspruch auf Schadenersatz für nachweisbar frustriert aufgewendete Reisekosten. Sollten Sie jedoch z.B. im Nachbarhotel des von Ihnen gebuchten, aber geschlossenen Hotels unterkommen, entsteht Ihnen kein solcher ersatzpflichtiger Schaden.
Sofern Sie sich als Gast in dem Dilemma befinden, das Hotel zwar bezahlen zu müssen, aber aus Angst vor Ansteckung nicht anreisen zu wollen, bleibt Ihre Bezahlpflicht bestehen.
Sie könnten dann allenfalls versuchen, eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt oder eine Gutscheinlösung auszuhandeln.
2. Coronavirus und Fitness-Studios
Verträge mit Fitness-Studios werden überwiegend nach mietvertraglichen Regelungen bewertet. Wenn der Sportler mithin die Räumlichkeiten und Einrichtungen nicht nutzen kann, ist der Kunde berechtigt, die Miete bzw. den Monatsbeitrag nicht bezahlen zu müssen, da ihm die vertraglich geschuldete Nutzungsmöglichkeit nicht eingeräumt wird.
Abgesehen davon, dass es bei diesen Mieten zumeist um überschaubare Beträge geht, die jeweils monatlich zu entrichten sind, sollten die Mitglieder des Studios aus Gründen der Solidarität im Falle des aktuell grassierenden Coronavirus nicht allesamt die Beiträge unangekündigt einbehalten, da dies für den Studiobetreiber fatale, existenzgefährdende Folgen haben kann. Ohnehin kann je nach Vertragsgestaltung die Möglichkeit bestehen, dass unter dem Gesichtspunkt höherer Gewalt die Bezahlpflicht aufgrund vertraglicher Regelungen fortgesetzt bestehen könnte. Zu bedenken ist zudem, dass der Studiobetreiber seine Räumlichkeiten unter anderem deshalb schließt oder schließen muss, um andere Personen vor einer Verbreitung des Coronavirus zu schützen.
Faktisch würde die komplette Beitragsverweigerung aller Studiobesucher für ein entsprechendes Unternehmen eine erhebliche (vermeidbare) Existenzgefährdung, ggf. sogar das wirtschaftliche Aus bedeuten. Es mag erwogen werden, anstelle einer unangekündigten Nichtzahlung, die Miete oder den Mitgliedsbeitrag zumindest zunächst unter schriftlich angezeigtem Vorbehalt zu begleichen.
Zu denken wäre zudem daran, mit dem Studiobetreiber zu kommunizieren, dass die verlorene Trainingszeit kostenfrei an das Ende der Trainingszeit angehängt wird oder kostenfreie Zusatzkurse zur Kompensation genutzt werden dürfen, wenn das Studio wieder geöffnet ist.
3. Coronavirus und Veranstaltungen / Dauerkarten
Karten für Aufführungen im Theater oder für Konzerte sowie Tickets für Sportveranstaltungen oder andere öffentliche Ereignisse sind den Käufern mit Versandkosten zu erstatten, sofern die bezahlte Veranstaltung abgesagt wird.
Sofern der Veranstalter einen Ersatztermin einräumt, Sie diesen aber nicht wahrnehmen können oder wollen, sind Sie berechtigt, gezahltes Geld einschließlich evtl. angefallener Versandkosten zurückzuverlangen.
AGB-Ausschlüsse, wonach Tickets nach Vorgaben von Veranstaltern nur bei generellen Absagen erstattet werden, sind unwirksam. Auch Dauerkartenkäufer erhalten ihr Geld anteilig für ein ausgefallenes oder jeweils ausgefallene Spiele auf Anforderung bei dem Veranstalter zurück.
4. Corona und Mietverträge
a. Wohnungs- und Gewerberaummiete
Grundsätzlich behalten alle mietvertraglichen Regelungen auch während der Pandemie ihre Gültigkeit, weshalb Mieter und Gewerberaummieter weiterhin zur Zahlung der Miete verpflichtet bleiben. Da im Zusammenhang mit der COVID 19-Krise, aber voraussehbar ist, dass Privatpersonen, Selbstständige oder Unternehmen wegen Arbeitsverlust, Kurzarbeit oder Umsatzausfällen von Verdienst- oder Umsatzausfällen betroffen sein werden, ist eine Gesetzesvorlage in Arbeit, wonach Mietschulden im Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.09.2020 nicht dazu führen, dass Mietern gekündigt werden darf, wenn diese mit zwei Monatsmieten in Zahlungsrückstand geraten sind.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Nichtzahlung auf der Corona-Pandemie beruht. Auch vor dem Hintergrund anstehender Regelungen ist es angezeigt, dass Mieter rechtzeitig Kontakt mit ihren Vermietern aufnehmen, damit zumindest im Vorfeld zur Meidung unzumutbarer Härten zumindest Stundungen oder Erlasse erreicht werden können, wenn ausbleibende Einnahmen die Mietzahlung vereiteln.
Mieter haben diese Erleichterung aber nicht als Selbstverständlichkeit oder Freibrief anzusehen, da Sie die Umstände, pandemiebedingter Zahlungsausfälle auch darlegen müssen. Diese sind zudem von sich aus gehalten, sich darum zu bemühen, Wohngeld oder andere Familienzuschussmöglichkeiten im Rahmen staatlich angebotener Soforthilfen zu beantragen.
Mindestens genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer sind gewerbliche Mieter betroffen, da diese neben allgemein höheren Mieten auch Umsatzeinbußen, die gegen Null tendieren können, verkraften müssen und zudem auch noch Arbeitnehmer zu entlohnen haben, ohne dass für diese absehbar ist, wann wieder Einnahmen generiert werden können.
Ohnehin empfiehlt es sich im Einzelfall jeweilige Mietverträge auf deren konkrete Inhalte zu überprüfen, da in diesen mitunter auch Risikoverteilungen im Falle unvorhergesehener Ereignisse geregelt sind.
Allgemein begründet die Corona-Problematik für private und gewerbliche Mieter jedoch weder ein Mietminderungsrecht noch ein Recht, die Miete nicht zu zahlen, sofern der Vermieter das Mietobjekt in geschuldetem Umfang ordnungsgemäß zur Verfügung stellt.
Trotz dieser Rechtslage muss überdies berücksichtigt werden, dass nicht nur Mieter, sondern auch eine große Anzahl an Vermietern durch Covid-19 in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten kommen können, so dass es in beiderseitigem Interesse der Mietvertragsparteien sinnvoll ist, lösungsorientiert miteinander zu kommunizieren. Ohnehin ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit dem Gesetzesentwurf mit der Bewältigung der Virusproblematik im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.09.2020 nicht kündigen dürfen, auch wenn die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der Miete im Grundsatz bestehen bleibt.
Da die Ereignisse noch „jung“ sind und noch nicht alle Möglichkeiten, die die Bundesregierung zur Verfügung stellen will, geordnet und in Gesetzesform verabschiedet oder klar ausgesprochen sind, ist eigenes Engagement zumindest nützlich, um Streit zu vermeiden oder nicht eskalieren zu lassen.
b. Autovermietungen und Vermietungen von Wohnmobilen/Wohwagen
Ebenfalls in den Regelungsbereich des Mietrechts fallen die Autovermietungen oder Vermietungen von Wohnmobilen. In den Fällen verbindlicher Mietverträge (Mietpreis gegen Fahrzeugnutzung) verbleiben die Mieter zur Zahlung der Mieten verpflichtet, sofern das gewünschte Fahrzeug für die vertraglich vereinbarte Dauer zur Verfügung gestellt wird.
Der Autovermieter trägt nicht das Risiko, ob der Mieter das Fahrzeug zum vereinbarten Termin noch haben will oder benötigt. Gleiches gilt für Vermieter von Wohnmobilen, in deren Risiko es nicht angesiedelt, wohin der Mieter mit dem Wohnmobil oder Wohnwagen reisen möchte. Auch im Falle der Virusproblematik stellt dies kein Vermieterrisiko dar.
Die Fahrzeuge können bewusst als Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder um ungebunden reisen und übernachten zu können, zum Einsatz gebracht werden. In den Verträgen (Mietbedingungen) der Autovermieter befinden sich mitunter Klauseln für vorzeitige Stornierungen, die sich daran orientieren, innerhalb welcher Zeit vor Mietbeginn das Fahrzeug abbestellt wird.
Ob und inwieweit Vertragsstornierungen wegen der COVID 19-Problematik ggf. sogar kostenfrei ermöglicht werden, mag im Übrigen den jeweiligen Mietbedingungen der Fahrzeugvermieter oder evtl. Sonderregelungen über den Erlass von Mietkosten entnommen werden.
Auch hier empfehle ich angesichts der aktuellen Krisensituation, das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen, mit dem ggf. auch ausgehandelt werden kann, die Miet- oder Reisezeit unter Anrechnung der Miete bzw. zum vereinbarten Mietpreis mit dem saisonal gültigen Mietpreis anzurechnen.
5. Schulden aus Kaufgeschäften oder anderen Verträgen
Schuldnern, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre vertraglichen Zahlungspflichten nicht erfüllen können, sollen bis zum 30.09.2020 keine Folgen drohen. Bei aktuellen Geschäften ist es in jedem Fall ratsam den Austausch von Leistungen auch nur gegen angemessene Vorkasse vorzunehmen, auch wenn die neue Regelung für Schuldner von Geldforderungen keinen Freibrief darstellt. Der Entwurf sagt nicht, dass Forderungen nicht rechtshängig gemacht werden dürfen.
6. Darlehensverträge
Für Darlehensverträge soll es Stundungsmöglichkeiten geben, die dann bei der jeweiligen Bank allerdings angemeldet bzw. angefragt werden müssen. Banken werden wahrscheinlich nicht von sich aus auf jeweilige Darlehensschuldner zukommen und diese entsprechend auf die eingeräumten Möglichkeiten hinweisen.
Es scheint sich überdies schon jetzt aus Rückfragen in meiner Kanzlei abzuzeichnen, dass bei Banken nachgefragte Kredite nicht so leicht zu erhalten sein werden, wie sich dies die Verfasser des Gesetzesentwurfs vorgestellt haben.
Risikobewertungen, Rankings und andere Prüfungsvorgaben einschließlich schriftlicher Perspektivplanungen werden bei der Vergabe von Darlehen in der Geschäftspraxis wahrscheinlich weiterhin eine Rolle spielen, auch wenn durch die KfW coronabedingt angeblich Sicherungen oder Gewährungserleichterungen für Darlehen vorgesehen sind.
7. Die Insolvenzantragspflicht
wird aufgrund der Covid-19 Problematik ausgesetzt, wenn die Zahlungsunfähigkeit auf den Auswirkungen der Pandemie beruht.
Vorstehende Ausführungen mögen Ihnen einen kurzen Überblick über zur Zeit potenziell auftretende Konfliktsituationen geben, denen kein Anspruch auf Vollständigkeit zukommt. In konkreten Einzel- oder Streitfällen empfiehlt es sich, zusätzlich rechtskundige Hilfe einzuholen.
Es wird darauf hingewiesen, dass vorstehende Darstellungen keinesfalls eine konkrete Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen können.