Neues Versicherungsvertragsrecht

(wird überarbeitet)

Das neue Versicherungsvertragsrecht ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten

Im Einzelnen gilt:

I. Mehr Verbraucherschutz

  1. Verbesserte Beratung und Information der Versicherungsnehmer
    Die Versicherer müssen die Versicherungsnehmer vor Abschluss eines Vertrages besser beraten und informieren. Das Beratungsgespräch ist zu dokumentieren. Wenn Anlass besteht, ist auch im laufenden Vertragsverhältnis zu beraten. Allerdings kann der Versicherungsnehmer darauf verzichten, vor Abgabe der Vertragserklärung über einzelne Vertragsbestimmungen und/oder die Allgemeinen Versicherungsbedingungen informiert zu werden; zu seinem Schutz geht dies auch hier nur durch gesonderte schriftliche Erklärung.
  2. Vorvertragliche Anzeigepflichten
    Eine weitere wichtige Neuerung besteht darin, dass der Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss grundsätzlich nur solche Umstände anzuzeigen hat, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Das Risiko einer Fehleinschätzung, ob ein Umstand für das versicherte Risiko erheblich ist, liegt damit nicht mehr beim Versicherungsnehmer. Verstöße des Versicherungsnehmers gegen die Anzeigepflicht berechtigen den Versicherer nur noch dann zum Rücktritt vom Vertrag, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. In den anderen Fällen kann der Versicherer den Vertrag lediglich unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung für die Zukunft kündigen oder die Fortsetzung zu anderen Bedingungen verlangen. Der Versicherer muss seine Rechte innerhalb einer Ausschlussfrist (drei Jahre in der privaten Krankenversicherung, sonst 5 oder bei vorsätzlichem oder arglistigem Handeln 10 Jahre) geltend machen, da eine Rückabwicklung eines Vertrags oder eine rückwirkende Anpassung nach vielen Jahren den Versicherungsnehmer unzumutbar belasten kann.
  3. Direktanspruch in der Pflichtversicherung
    Bei einer Pflichtversicherung wird dem Geschädigten künftig in bestimmten Fällen ein Direktanspruch gegen den Versicherer eingeräumt.

II. Gerechterer Interessenausgleich

  1. Einheitliches Widerrufsrecht
    Das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen wird vereinheitlicht; es besteht unabhängig vom Vertriebsweg. Insbesondere können nach dem neuen Recht auch Handwerker und Freiberufler, nicht nur Verbraucher, einen Vertrag widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt zwei Wochen, bei der Lebensversicherung 30 Tage. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn dem Versicherungsnehmer sämtliche Vertragsbedingungen und Informationen übermittelt worden sind; die im geltenden Recht vorhandene absolute Ausschlussfrist von einem Jahr entfällt ersatzlos.
  2. Aufgabe des Alles-oder-Nichts-Prinzips
    Verletzt der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss vertragliche Pflichten oder andere Obliegenheiten grob fahrlässig, bemessen sich die Folgen künftig danach, wie stark sein Verschulden wiegt. Das derzeit noch geltende Alles-oder-Nichts-Prinzip wird aufgegeben. Nach neuem Recht bleibt es bei vorsätzlichen Verstößen dabei, dass der Versicherer von seiner Pflicht zur Leistung frei wird. Einfach fahrlässige Verstöße bleiben für den Versicherungsnehmer folgenlos. Bei grob fahrlässigen Verstößen des Versicherungsnehmers gegen Obliegenheiten kann die Leistung entsprechend der Schwere des Verschuldens gekürzt, jedoch nicht mehr vollständig versagt werden.
  3. Das Prinzip der „Unteilbarkeit der Prämie“ wird abgeschafft
    Wird der Versicherungsvertrag im Laufe des Versicherungsjahres von der Versicherung gekündigt oder durch Rücktritt beendet, muss der Versicherungsnehmer künftig die Prämie auch nur noch bis zu diesem Zeitpunkt zahlen.
  4. Wegfall der Klagefrist
    Bedeutsam für die Versicherungsnehmer ist auch der ersatzlose Wegfall der Klagefrist.

III. Modernisierung der Lebensversicherung

Die Lebensversicherung hat für die private Altersvorsorge eine herausgehobene Bedeutung. Auch in der Lebensversicherung wird die Stellung des Versicherungsnehmers deutlich verbessert.

  1. Anspruch auf Überschussbeteiligung
    Der Anspruch auf Überschussbeteiligung wird im Gesetz als Regelfall verankert. Erstmals erhält der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven. Die Grundsätze für die Verteilung der Überschüsse werden bestimmt. Möglich bleibt es, Verträge ohne Überschussbeteiligung abzuschließen, die bislang aber kaum praktische Bedeutung haben.
  2. Modellrechnung
    Der Versicherungsnehmer ist darüber zu unterrichten, welche Leistungen zu erwarten sind. Die Angaben müssen realistisch sein und dem Versicherungsnehmer deutlich machen, dass es sich nur um Prognosen und nicht um garantierte Leistungszusagen handelt. Um Missbrauchsgefahren zu verhindern, werden die Versicherer verpflichtet, eine Modellrechnung zu überlassen, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung realistischer Zinssätze dargestellt wird.
  3. Berechnung des Rückkaufswerts
    Der Rückkaufswert der Lebensversicherung ist nach dem Deckungskapital der Versicherung zu berechnen; dies gilt auch, wenn der Vertrag vorzeitig beendet wird. Auch der BGH hat in seinem Urteil vom 12. Oktober 2005 so entschieden. Diese Regelung gilt für ab dem 1. Januar 2008 neu abgeschlossene Verträge.
  4. Frühstorno
    Die Abschlusskosten der Lebensversicherung werden bei Kündigung auf die ersten 5 Vertragsjahre verteilt. Auch dies gilt für ab dem 1. Januar 2008 abgeschlossene Verträge.
  5. Transparenz bei Abschluss- und Vertriebskosten
    Eine Verbesserung der Transparenz für die Verbraucher wird sich daraus ergeben, dass die Versicherer verpflichtet werden sollen, die jeweiligen Abschluss- und Vertriebskosten zu beziffern und offenzulegen (dies gilt nicht nur für die Lebens-, sondern auch für die private Krankenversicherung). Die Einzelheiten sind in der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) geregelt.

IV. Inkrafttreten

Das Gesetz ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Es gilt für alle nach diesem Zeitpunkt geschlossenen Verträge gelten. Auf laufende Verträge (Verträge, die bis zum 31. Dezember 2007 abgeschlossen werden; Altverträge) findet bis zum 31. Dezember 2008 altes Recht Anwendung; danach gilt auch für diese Verträge das neue Recht. Die Neuregelung der Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung gilt auch für Altverträge schon ab dem 1. Januar 2008. Die Neuregelung der Berechnung der Rückkaufswerte gilt nur für Neuverträge, also für Verträge, die nach dem 1. Januar 2008 geschlossen wurden.

[PM des BMJ vom 21. September 2007]

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